Werner Sasse: „Jobs für Behinderte sind Mangelware“

Werner Sasse (l.), Ombudsmann für psychisch Kranke, Behinderte und Sucht im Kreis Olpe, empfing jetzt den SPD-Landtagsabgeordneten Reinhard Jung (r.) zu einem Gespräch, in dessen Mittelpunkt die Behindertenarbeit in der hiesigen Region stand

Die Behindertenarbeit im Kreis Olpe stand jetzt im Mittelpunkt eines Gesprächs, das Reinhard Jung (SPD-MdL) mit Werner Sasse, dem ersten Ombudsmann des Kreises Olpe für psychisch Kranke, Behinderte und Sucht, in dessen Finnentroper Wohnung führte. Der ehemalige Kreistagsabgeordnete nimmt diese ehrenamtliche Aufgabe seit fast fünf Jahren wahr. Sasse schätzt die Gesamtzahl der Kontakte und Anfragen auf etwa 450 im Jahr. In ungefähr 90 Prozent aller echten Beschwerden sei es ihm möglich, durch seine Vermittlung den jeweiligen Sachverhalt auszuräumen oder zumindest aufzuklären. "Diese Erfolge wirken motivierend", betonte Werner Sasse. Reinhard Jung, der in Düsseldorf u.a. dem Petitionsausschuss angehört, dankte Sasse für seinen Einsatz und meinte: "Es ist immer gut, wenn Probleme direkt vor Ort gelöst werden können. Der Ombudsmann ist so etwas wie ein vorgeschobener Petitionsausschuss für Behinderte auf Kreisebene. Durch seine Arbeit werden die entsprechenden parlamentarischen Gremien auf Bundes- und Landesebene spürbar entlastet."

Werner Sasse ging auf einige inhaltliche Schwerpunkte seiner Arbeit ein: "Viele Behinderte haben heute Probleme, weil die Krankenkassen ihre Versorgung mit Hilfsmitteln inzwischen auf die preiswertesten Anbieter, die ganz überwiegend nicht im hiesigen Kreisgebiet angesiedelt sind, übertragen haben. Bei notwendigen Reparaturen kommt es dadurch nicht selten zu Verzögerungen mit der Folge, dass ein Betroffener manchmal mehrere Wochen auf sein Hilfsmittel, z.B. einen Rollstuhl, verzichten muss", kritisierte Sasse.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des Ombudsmanns sind Probleme bei der Anerkennung der Höhe der Kaltmiete im Rahmen des Betreuten Wohnens. "Daneben gibt es immer wieder auch Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Angemessenheit des Wohnraums", fügte Werner Sasse hinzu. Der Ombudsmann kritisierte die immer noch geltende Mischfinanzierung beim Betreuten Wohnen. Während der Landschaftsverband die Kosten der eigentlichen Betreuung trägt, sind die kommunalen Sozialhilfeträger für die Mietaufwendungen zuständig. "Diese komplizierte und unbefriedigende Situation erschwert die Unterbringung Behinderter in ambulanten Wohnformen", erläuterte Sasse. Auch Reinhard Jung (MdL) hält es für geboten, "die Dinge so zu organisieren, dass eine intensivere Nutzung ambulanter Angebote möglich wird, denn ein stationärer Platz kostet den Steuerzahler schließlich mehr als doppelt soviel wie eine ambulante Betreuung". Weiter plädierte Jung dafür, die Kriterien bei der Ermittlung der Angemessenheit der Miete und der Größe des Wohnraums in der Sozialhilfe (Grundsicherung) an die für die Leistungsgewährung an ALG-II-Empfänger neu erstellten Regeln, die großzügiger seien, anzupassen.

Werner Sasse sprach ferner den geltenden Gebietsschutz für Behindertenwerkstätten an. Dieser führe insbesondere in den Grenzbereichen oft zu unbilligen Härten für die Betroffenen; das gelte entsprechend auch für die Beschulung behinderter Kinder. Sasse machte im Gespräch mit dem SPD-Landtagsabgeordneten deutlich, "dass hier aus meiner Sicht eine Flexibilisierung unbedingt wünschenswert ist".

Weiteres Thema waren die unzureichenden Arbeitsmöglichkeiten für behinderte Menschen. Jobs, die für sie geeignet sind, würden zunehmend entfallen, so Werner Sasse. Die Anforderungen des 1. Arbeitsmarktes seien in der Regel zu hoch, in Behindertenwerkstätten seien dagegen viele unterfordert. Dies gelte insbesondere für Personen, deren Behinderung durch eine psychische Erkrankung ausgelöst sei. "Was hier im Kreis Olpe und auch anderswo fehlt, sind adäquate Arbeitsangebote für diese Menschen in entsprechenden Integrationswerkstätten", betonte der Ombudsmann. Sasse und Jung kritisierten übereinstimmend, dass die institutionelle Förderung derartiger Einrichtungen durch das Land Ende 2005 eingestellt worden sei.

Abschließend lobte Sasse die gute Zusammenarbeit mit dem hauptamtlichen Behindertenbeauftragten des Kreises Olpe und dem zuständigen Fachbereichsleiter der Kreisverwaltung. Diese enge Kooperation habe sich inzwischen bewährt und ermögliche nicht selten zeitnahe Veränderungen im Sinne der betroffenen Menschen mit Behinderungen.