Dienstleistungsrichtlinie mit klarer sozialdemokratischer Handschrift

Helmut Kuhne, MdEP
Helmut Kuhne, MdEP in Olpe

Jetzt fand im Kolpinghaus in Olpe eine lebhafte Diskussion zum Thema „Anforderung an eine Dienstleistungsrichtlinie – freien Wettbewerb sozialverträglich gestalten“ statt. Der SPD-Unterbezirk Olpe hatte zu dieser Veranstaltung mit dem sozialdemokratischen Europa-Abgeordneten Helmut Kuhne aus Soest eingeladen.

Kuhne stellte in seinem Referat heraus, dass die Überarbeitung der Dienstleistungsrichtlinie ein hundertprozentiger Erfolg der SPE-Fraktion im Europaparlament war. Die Sozialdemokraten haben sich nicht gegen den Abbau von Barrieren gestellt, die einen grenzüberschreitenden Markt für Dienstleistungen behindert haben. Denn bisher musste ein Malermeister aus Aachen für Arbeiten in Belgien ein in Belgien angemeldetes Auto nutzen. Der erste Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie sei aber in der anderen Richtung über das Ziel hinausgeschossen. Ein falsch verstandenes Herkunftslandprinzip hätte einen Wettlauf nach unten bei arbeits- und sozialrechtlichen Standards und Löhnen bedeutet. In den folgenden Verhandlungen hat es die SPE geschafft, die Dienstleistungsfreiheit und das Diskriminierungsverbot ausländischer Anbieter unter Wahrung nationaler Sozialstandards zu wahren. Kuhne hofft, dass die Bundesregierung den Kompromiss bei der Dienstleistungsrichtlinie nicht noch einmal verwässern lässt. Er wies auch daraufhin, dass nach EU-Recht die Ausweitung des Entsendegesetzes, das in Deutschland nur für Beschäftigte im Bausektor und in der Reinigungsbranche gilt, in alle Branchen möglich ist. Die EU habe in vielen Bereichen die Grundlagen für viele einheitliche Sozialstandards in den Mitgliedsländern geschaffen wie z.B. bei Arbeits- oder Verbraucherschutzbestimmungen oder bei den europäischen Betriebsräten.

Der SPD-Unterbezirks-Vorsitzende Uwe Beul unterstrich die Bedeutung einer europäischen Regelung für den Dienstleistungsmarkt. Auch im Kreis Olpe gebe es viele Fälle osteuropäischer Frauen, die schwarz und unter nicht hinnehmbaren Arbeitsbedingungen als Haushaltshilfen oder Pflegerinnen arbeiteten. So sind zurzeit im Arbeitsamtsbezirk Olpe lediglich 6 osteuropäische Haushaltshilfen angemeldet, bei einer Dunkelzifferquote von ca. 300 bis 500 Haushaltshilfen und Pflegekräften. Hierbei handelt es sich um Steuerhinterziehung, da freies Wohnen z.B. ein zu versteuerender geltwerter Vorteil ist. Weiterhin ist hier überwiegend eine illegale Beschäftigung festzustellen, die strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Landtagsabgeordnete Reinhard Jung sprach im europäischen Kontext auch die Einführung von Mindestlöhnen an. Dies habe auch der wirtschaftsliberale Tony Blair in England mit Erfolg gemacht.

Der Gast aus Soest erwies sich auch bei anderen Europa-Themen als kompetenter Gesprächspartner. Er nahm Stellung zur Entwicklung der Agrarausgaben der EU, bemängelte aber auch die Hartnäckigkeit einiger Gerüchte. So wäre kein Fall bekannt, in dem die EU eine Firmenverlagerung von Deutschland in die neuen Mitgliedsländer bezuschusst hätte. Die deutsche Steuergesetzgebung ermöglicht deutschen Firmen ein erheblichen Steuervorteil bei Auslandsverlagerungen. Da müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Einer nächsten Erweiterungsrunde der EU schob Kuhne einen Riegel vor. Die Erneuerung der EU-Institutionen habe Vorrang, so der Parlamentarier aus Brüssel. Differenziert wurde ein möglicher Beitritt der Türkei gesehen. Christian Pospischil aus Attendon forderte, dass die SPD-Spitze bei diesem Thema den Vorbehalten an der Parteibasis mehr Beachtung schenken müsse. Kuhne teilte die Skepsis der heimischen Genossen.

Nach neunzig spannenden Minuten vereinbarte man, auch zukünftig bedeutende europapolitische Themen in diesem Rahmen zu diskutieren.